Bernd und Guido, vor etwas mehr als einem Jahr wurde die Welt ziemlich durchgeschüttelt. Blicken wir darauf, was uns ein herausforderndes Jahr 2020 an Chancen in 2021 ermöglicht und welche Entwicklungen ihr seht.

Was sind die großen Fragezeichen gerade?

Bernd Fels: Die große Frage unserer Kunden ist natürlich: Wie sieht das neue Normal aus und wie kommt eine Organisation zurück zu einem Alltag? Eine globale Gesundheitskrise hat nun endgültig gereicht, um selbst die fixiertesten Organisationen aus den linearen Prozessen und „immer schon so gemacht“-Strukturen zu reißen. Das hat bei sehr vielen auch eine dicke Wand an Wandlungsresistenz eingerissen. Diese Chancen werden zum großen Teil nun genutzt um ein smartes, passendes und nachvollziehbares Zielbild für die Zukunft zu entwickeln und umzusetzen. Und dies beinhaltet auch die Frage: wie wollen wir als Unternehmen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte verknüpfen, um gut und gesund arbeiten zu können?

Guido Ebbert: Wir merken die Auswirkungen natürlich stark in unseren Konzepten und direkt in der Umsetzung. Die Spanne an Möglichkeiten, wie Organisationen mit den Veränderungen umgehen, ist noch einmal größer geworden als sie bereits war. Zudem erleben wir eine wesentlich höhere Flexibilität und mehr Mut zu signifikant stärkeren Flächenveränderungen.

Wie äußert sich dieser Veränderungsdrang konkret in den Projekten beim Kunden?

Guido Ebbert: In der Planung sowie im Design sehen wir bereits jetzt die große Änderung im Verständnis für was eine Bürofläche im Fokus dienen soll. Auch wenn dies bereits vor der Krise immer bekräftigt wurde, jetzt sehen wir den radikalen Wandel des Büros zu einem Treffpunkt für Kreativität, Kommunikation und Kollaboration. Mehr und größere Netzwerkflächen, mehr Meetingbereiche und ubiquitäre Integration digitaler Zusammenarbeitsmöglichkeiten.

Bernd Fels: Das kann ich nur bestätigen. Bei den Nutzern sehen wir in Folge des letzten Jahres eine noch stärkere Diversifizierung von Flächennutzungstypisierung und resultierenden Arbeitszeitmodellen. Das hat natürlich Auswirkungen auf den Flächenbedarf, der in manchen Diskussionen radikal angepasst wird. Auch in der Beratung legen wir Wert darauf, hybride Kommunikation in den Vordergrund zu rücken, da die tägliche Arbeit auch in Zukunft von räumlich verteilten Teams und Teilnehmern dominiert sein wird. Anders sieht es aus bei Formaten welche Ko-Kreation oder direkte und vertrauliche Absprachen erfordern. Hier wird vorerst weiterhin Präsenz dominieren und auch hier haben unsere Partner und Kunden durch die Erfahrungen der Krise erkannt, den Fokus des Büros noch individueller auf den eigenen Nutzen und die nötigen bzw. auch gewünschten Arbeitsweisen zu legen. Denn Menschen passen sich den räumlichen Gegebenheiten natürlich auch an.

Angesichts dieser Herausforderungen, was ratet ihr in euren Gesprächen? Wie bereitet man sich auf das neue Normal und die Trends vor?

Bernd Fels: Wir verstehen natürlich den Wunsch das neue Normal zu kennen oder für die eigene Organisation zu fixieren. Wenn wir etwas aus dem letzten Jahr gelernt haben sollten, dann wie wackelig die Illusion dieser Normalität ist. Wir reden mit unseren Kunden natürlich über das Büro als rein kulturelles Zentrum der Organisation. Der Fokus liegt hier auf eine gezielte Nutzererfahrung und dem Fokus auf Kollaboration und Kommunikation. Hier unterstützen wird bei der Analyse und Projektion von Nutzungsszenarien, sowie natürlich bei der Beratung eine Fläche passend zur eigenen Zielsetzung und der Projektion zu konzipieren. Dies aber alles mit dem Ziel eine hochflexible Organisation zu unterstützen.

Guido Ebbert: Flexibilität und Kommunikation ist auch bei der Planung ein Kernpunkt. Was viele Menschen unter Homeoffice das letzte Jahr erlebt haben, war keinesfalls das Erlebnis, für welches Homeoffice eigentlich geschaffen wurde. Auch ein Zentrum für Kommunikation und Kollaboration braucht deshalb Rückzug und Konzentration. Gleichzeitig muss das Büro aber der Magnet für Zusammenarbeit sein und auch die spontanen und informellen Gespräche und Treffen ermöglichen, welche im digitalen Umfeld kaum nachzubilden sind.

Bernd Fels: Richtig! Aktuell kennen wir keine technische Lösung oder so gut funktionierendes digitales Format, welche solche Treffen ersetzen können. Generell kann man sagen: alles ist im Wandel. Ein Immobilienmanagement muss den Second-Place, also das Büro, nicht nur resilient machen, sondern wird zukünftig auch vermehrt First-Place und Third-Place verwalten. Das Gesundheitsmanagement wird noch mehr Aufklärung zu Ergonomie und Sensibilität bei Entgrenzung von Arbeit in den Mittelpunkt stellen. Personalverantwortliche werden Wohlfühlen und Mobilität auf die Agenda schreiben und der Druck auf die IT beim Thema Digitalisierung wird sich auf noch höherem oder zumindest konstant sehr hohem Niveau bewegen. Vereinzelt waren das Faktoren, welche auch vor einem Jahr schon auf der Tagesordnung waren. Aber nun ist es alles auf einmal.

Wer reagiert eurer Erfahrung nach gerade am besten auf die Herausforderungen?

Bernd Fels: Man sollte meinen es gäbe bestimmte Branchen, welche sich von der Masse abheben. Aber wir können sagen, es liegt nicht an der Branche oder der Größe, sondern an dem Charakter, der DNA der Organisation und den Menschen, die ihr angehören. Den einzigen Vorteil hatten Unternehmen die bereits Wissen und Strukturen zu mobiler Arbeit aufgebaut hatten. Auch hier konnten aber Organisation mit ausreichend Wille und Druck einen weiten Vorsprung aufholen. Diese positiven Entwicklungen gibt es viele, ebenso sollte man negative Beispiele aber nicht ignorieren. Der Druck nimmt zu und er kommt nicht von oben, sondern den Mitarbeiter*innen. Wir hoffen hier, dass Unternehmen zuhören und handeln, statt sinnvolle Veränderungen zu ersticken oder auszusitzen. Letzteres wird auf Dauer sowieso nicht erfolgreich sein.

Guido Ebbert: Wir treten auf den Plan, wenn die Veränderung bereits angestoßen wurde, und generell war es ein Jahr der Überraschungen für uns. Ja, private Unternehmen haben gefühlt schneller und unkomplizierter agiert aber der Sprung, den öffentliche Organisationen machen müssen, ist nun einmal auch größer. Dafür wurde dieser in unseren Projekten mit voller Motivation genommen. Hier bremsen meist eher technische Aspekte den Veränderungswillen.

Zum Abschluss: Euer Tipp für 2021?

Bernd Fels: Ganz klar haben die Erfahrungen auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen verschoben. Diese müssen dringen reflektiert und ernst genommen werden. Abseits dessen kann ich nur raten, gemeinsam mit den Kolleg*innen ein klares Zielbild zu entwickeln um sich klar zu machen, wohin man mit der eigenen Arbeitswelt möchte und welche Chancen man nun nutzen will. An dieser Stelle herrscht leider vereinzelt noch eine fast schon erdrückende Visionslosigkeit.

Guido Ebbert: Aufhören abzuwarten. Aktuell haben wir die große Chance den sowieso bestehenden Wandel zu nutzen, um richtig Schwung zu holen und durchzustarten. Es gibt viele Richtungen in die man sich als Organisation entwickeln kann. Wir haben viel gelernt, jetzt heißt es anpacken und den Mut haben neue Wege zu beschreiten.

Vielen Dank euch!

 

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